
Informationen zur Historie der Charité Frauenklinik und dem Campus Virchow-Klinikum
Ansprechpartner: Prof. Dr. med. Matthias David
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Symposium "Erinnern - Mahnen - Gedenken. Erinnerungskultur und Aufarbeitung der NS-Zeit" am 22. März 2023









Kunst in der Medizin - Kunst als Medizin

Am 7. September fand im Hörsaal 6 am Campus Virchow-Klinikum das Symposium "Kunst in der Medizin - Kunst als Medizin" statt (Programm siehe Anlage).
In vier kurzweiligen und lehrreichen Vorträgen wurden durch die zwei Referentinnen und zwei Referenten, darunter der Künstler Norbert Radermacher, auf den das Projekt "Goldringe in Baumkronen" am CVK zurückgeht, die verschiedenen Aspekte einer gegenseitigen Durchdringung von Kunst und Medizin einem interessierten Publikum vorgestellt.
Als Einstimmung fand zuvor ein 90-minütiger geführter Spaziergang über den Campus Virchow-Klinikum statt, der den 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die verschiedenen Kunstwerke "am und im Bau" näher brachte.
Als Ergebnis der Veranstaltung ist nicht nur ein zweiter Jahreskalender mit Fotos der zum Teil übersehenen, öffentlich zugänglichen Kunstwerke am CVK geplant, sondern auch deren stärkere Sichtbarmachung durch entsprechende, bisher größtenteils fehlende Beschriftungen, die die Künstlerinnen/ den Künstler, das Entstehungsjahr und den Titel nennen.
Das Programm finden Sie hier.
Kunst-Kalender der Frauenklinik 2023 (zum Download)
2021
Objekt des Monats Februar

Übliches T-förmiges IUD und Gräfenberg-Ring im Größenvergleich. Der intrauterin gelegene Ring war ein Zufalls(be)fund bei einer hochaltrigen Patientin.
Ernst Gräfenberg (1881 – 1957) hatte solche, später nach ihm benannten Ringe zur Schwangerschaftsverhütung in den 1920er Jahren während seiner Zeit als niedergelassener Gynäkologe in Berlin entwickelt. Die meisten Gräfenberg-Ringe bestanden aus sog. technischem Silber, das einen relativ hohen Kupferanteil aufwies, sodass Ernst Gräfenberg unbewusst auch der Erfinder der ersten Kupferspirale war.
Objekt des Monats März


Die beiden Fotos zeigen Ausschnitt aus einem farbigen Gemälde und einer s/w-Grafik, die beide den ehem. Direktor der Berlin Universitäts-Frauenklinik Ernst Bumm (1858-1925) bei einer Operation zeigen und die sich beide durch Ankauf bzw. Schenkung im Besitz der Klinik für Gynäkologie der Charité befinden.
Das großformatige Ölgemälde „Geheimrat Bumm bei einer Operation“ des Berliner Malers Reinhard Hübner (1924) zeigt ein Sujet des modernen Klinikbetriebs: ein Gruppenporträt. Das Bild ist eine sog. Zweitfassung; die etwas anders und detaillierter gestaltete Erstfassung war im Berliner Langbeck-Virchow-Haus zu sehen und wurde wahrscheinlich während des II. Weltkriegs zerstört. Zugunsten der Erkennbarkeit und wohl auch, um die ganze Szene repräsentativer erscheinen zu lassen, wurden die in den 1920er Jahren durchaus gebräuchliche besondere Kleidung im OP-Saal weggelassen. Der Maler verzichtet zudem darauf, die weitere, u.U. ablenkende Ausstattung des Operationssaals darzustellen.
Anders ist dies bei der Grafik „Bumm bei der ´Radikalen´“ von Anni Müllensiefen (1879-1927), die etwa A4-Fomat hat und vermutlich Anfang der 1920er Jahre im Operationssaal der Klinik in der Artilleriestraße entstand. Hier wirkt die Operationssituation sehr realistisch - Bumm und die beiden Assistenten tragen OP-Mütze, Mundschutz und Handschuhe. Anni Müllensiefen hat später auf Bumms Wunsch hin auch die grafischen Ausstattung seines postum erschienenen „Lehrbuchs der Gynäkologie“ übernommen. Hier finden sich insgesamt 159 hervorragende Abbildungen von ihr.
Objekt des Monats April

Zumindest an den Universitäts-(Frauen-)Kliniken gehörte im 20. Jahrhundert eine eigene Bibliothek zur üblichen Raumausstattung. Auch bei der Konzeption der sog. Nordschiene, in der sich die heutige Frauenklinik am Campus Virchow-Klinikum befindet, wurde in der ersten Etage des Gebäudes eine Klinikbibliothek, die gleichzeitig als Besprechungsraum dienen sollte, eingeplant, die seit dem Erstbezug des Gebäudes im November 1995 bis heute existiert. Hier wurden u.a. im Rahmen der Klinikzusammenlegungen die Buchbestände aus der Bibliothek der Universitätsfrauenklinik Charlottenburg/Pulsstraße integriert. Durch Umstrukturierungen des Bibliothekswesens in der Charité und ein veränderts Nutzungsverhalten werden für die Klinikbibliothek seit mehr al 15 Jahren keine neuen Bücher mehr gekauft. Stattdessen haben mehrere externe Ärztinnen und Ärzte der Klinik zahlreiche antiquarische Bücher und Zeitschriftenbände geschenkt.
Eine der letzten Schenkungen beinhaltete vier Broschüren zu einem immer aktuellen Thema: „Diagnostische und therapeutische Irrtümer und ihre Verhütung. Frauenheilkunde“, herausgegeben von Prof. Dr. J. Schwalbe, Geh. Sanitätsrat in Berlin. Die einzelnen Hefte sind von seinerzeit namhaften Gynäkologen (Prof. von Jaschke, Prof. Fehling, Prof. Reifferscheid) erarbeitet worden. Eine Rezension zum letzten Heft („Chirurgie“) von 1928 fasst die Bedeutung diese Reihe so zusammen: „Mit dem vorliegenden Heft, das mit zahlreichen instruktiven Abbildungen versehen ist, hat das im Jahre 1917 begonnene Sammelwerk seinen Abschluß gefunden. Wir können auf Grund zahlreicher, dem Referenten zur Kenntnis gekommener Hefte dem Herausgeber und Verleger unseren Glückwunsch und unsere Anerkennung aussprechen für das in seiner Art kaum in der Weltliteratur sein Gleiches findende Ergänzungswerk für die Diagnostik und Therapie auf dem Gesamtgebiete der Medizin…“
Objekt des Monats Mai


Als das Rudolf-Virchow-Krankenhaus (RVK), der heutige Campus Virchow-Klinikum der Charité, vor 115 Jahren nach siebenjähriger Bauzeit im Oktober 1906 seiner Bestimmung übergeben wurde, erregte es im In- und Ausland Aufsehen und Bewunderung. 55 Gebäude waren über eine Fläche von 25,7 ha angeordnet worden. Die Längsachse bildet auch heute noch eine in vier Reihen bepflanzte Kastanienallee, an der damals ein- oder zweigeschossige Pavillons lagen. Die Kranken hatten überall den Blick ins Grüne, so dass das das RVK schon bald den Beinamen „Gartenstadt für Kranke“ erhielt. Ältester Baum auf dem Klinikgelände mit einem geschätzten Mindestalter von 130 Jahren, einer Wuchshöhe von ca. 28 m und einen Kronendurchmesser von etwa 25 m dürfte die Platane im Bereich der ehem. Seuchen- und heutigen Sonderisolierstation (SIS) sein, die als Naturdenkmal ausgewiesen ist.
Objekt des Monats Juni

Objekt des Monats Juni ist eine sog. Siegelmarke. In diesem Fall handelt es sich um eine 4 cm große, blau-weiße Marke der „Direction Städtisches Rudolph Virchow Krankenhaus Berlin“ mit einem in der Mitte geprägten Wappen, in dem mit etwas Mühe der Berliner Bär zu erkennen ist. Auffällig ist die falsche Schreibweise von Virchows Vornamen mit ph statt f.
Siegelmarken ähneln Briefmarken und ihr Sammeln wird einem Teilgebiet der Philatelie, der Erinnophilie, zugeordnet – dem Sammeln nicht-postalischer Gedenkmarken. Sie dienten als Aufklebesiegel, mit dem die Echtheit und Unversehrtheit eines Briefumschlags, einer sonstigen (Post-)Sendung oder eines Schriftstücks gewährleistet werden sollte. Sie sind meist rund oder oval, rundherum gezähnt sowie maximal 3-4 cm groß und weisen oft eine gummierte Rückseite auf. Siegelmarken wurden vor allem zwischen 1850 und 1950 benutzt. Die Papiermarken lösten das bis dahin üblichen Wachssiegel ab. Die meisten Siegelmarken stammen aus dem Deutschen Kaiserreich und wurden bis zum Ende vom Ersten Weltkrieg ausgegeben. Aus den Firmen-Siegelmarken entwickelten sich um 1870 die sog. Reklamemarken.
Objekt des Monats Juli



Objekt des Monats Juli 2021 ist ein wertvoller „Geburtshülflich-anatomischer Atlas“ von Prof. Dr. G. Leopold (1846-1911) mit dem Titel „UTERUS UND KIND von der ersten Woche der Schwangerschaft bis zum Beginn der Geburt, und der Aufbau der Plazenta“ (Abb. 1) aus dem Bestand der Klinikbibliothek der Frauenklinik/ CVK.
Der im Format A2 gedruckte Atlas enthält 30 Seiten ("Tafeln") mit insgesamt 49 Abbildungen, die jeweils dreisprachig in Deutsch, Englisch und Französisch beschriftet sind, und ist 1897 im Hirzel-Verlag Leipzig erschienen.
Der Autor, der heute noch durch die nach ihm benannten vier geburtshilflichen Handgriffe „zur äusseren Untersuchung“ der Schwangeren und Feststellung von Kindslage und vorangehendem Teil bekannt ist, war zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses besonderen Atlas Geheimer Medicinalrat, Direktor der Kgl. Frauenklinik und ordentliches Mitglied des Kgl. Landes-Medicinal-Collegium in Dresden.
Bei den 49 Abbildungen handelt es sich vor allem um s/w-Zeichnungen (Abb. 2), teils aber auch farbig ausgeführte Abbildungen nach anatomischen Originalpräparaten bzw. Gefrierschnitt von verstorbenen Schwangeren, die u.a. die Lage des Kindes im Uterus bzw. im kleinen Becken zeigen. Die „Fig. 49“ beeindruckt durch die exakte Darstellung des Aufbaus der Plazenta (Abb. 3).
Objekt des Monats August

Aus Anlass des bevorstehenden 200. Geburtstags von Rudolf Virchow (13.10.1821 – 5.9.1902) wird es thematisch beim „Objekt des Monats“ bis Oktober im näheren und weiteren Sinne um den Jubilar gehen, zumal der Campus Virchow-Klinikum nicht nur seinen Namen trägt, sondern als Rudolf-Virchow-Krankenhaus vor 115 Jahren seine Pforten für Patienten öffnete.
„Objekt des Monats August“ ist eine sog. Reklamemarke der Firma Remy aus Heerdt, einem Stadtteil von Düsseldorf, mit einem farbigen Brustbild Rudolf Virchows, auf dem er den Betrachter/die Betrachterin skeptisch-fragend durch seine runde Brille anschaut. Die Marke hat eine Größe von 45 x 60mm und ist gezähnt, sie imitiert damit eine Briefmarke.
Reklamemarken dienten aber nicht der Freimachung von Briefen und Paketen, sondern man verwendete diese zum Verschließen oder auch zur Verzierung der Briefpost. Reklamemarken entstanden Ende des 19. Jahrhunderts und entwickelten sich aus den Behörden- und Siegelmarken (siehe Objekt des Monats Juni). Nachdem die Firmen den Sammelwert dieser Marken erkannt hatten, verwandelten diese sich zu kleinen Kunstwerken. Die Hochzeit der Reklamemarken war die Dekade zwischen 1910 und 1920.
Häufig erschienen diese als Serien. Auch die „Virchow-Marke“ war Teil einer Serie, man findet die Serien- und die Bildnummer links und rechts unterhalb des farbigen Aufdrucks.
Die von der Firma Remy in Auftrag gegebene Serie umfasste Marken mit den Porträts berühmter Künstler, Naturwissenschaftler und Ärzte aus Deutschland (u.a. Beethoven, Gutenberg, Goethe, Hauptmann, Koch, Lenbach, Röntgen, Schopenhauer, Virchow) und dem europäischen Ausland (u.a. Moliere, Nobel, Rubens, Stephenson).
Passenderweise trägt Virchow auf dem Markenbild einen „Vatermörder“, einen weißen gestärkten, nach vorn offenen Stehkragen – die in inzwischen nicht mehr existierende Firma Remy produzierte Puddingpulver und (Reis-)Stärke zum Stärken von Wäschestücken.
Objekt des Monats September

Aus Anlass des unmittelbar bevorstehenden 200. Geburtstags Rudolf Virchows werden die Objekte der nächsten vier Monate immer einen unmittelbaren Bezug zu dieser bedeutenden deutschen Persönlichkeit haben.
Das Objekt des Monats September kann jederzeit im zweiten Durchgang des Gebäudes, in dem heute das Deutsche Herzzentrum untergebracht ist, besichtigt werden. – Dort ist an der rechten Wandseite ein Bronzerelief angebracht, das Rudolf Virchow im Profil zeigt. Darunter befindet sich eine weiße, im Oktober 1988 eingeweihte sog. Berliner Gedenktafel aus KPM-Porzellan mit dieser blauen Inschrift: „Rudolf Virchow/ 13.10.1821-5.9.1902 / Arzt und Politiker/Gründer der Zellularpathologie/ Langjähriger Stadtverordneter von Berlin/ und bedeutender liberaler Parlamentarier/ im Preußischen Landtag und Deutschen Reichstag/ Er wirkte mit am Ausbau des Gesundheits- und/ Hygienewesens in Berlin.“
Objekt des Monats Oktober



Aus Anlass des 200. Geburtstags von Rudolf Virchow in diesem Monat sei auf vier Auszeichnungen hingewiesen, die seinen Namen tragen: (1) Die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) bzw. die Rudolf-Virchow-Stiftung der DGP vergibt „zur Förderung von Wissenschaft und Forschung“ seit 1980 jährlich den Rudolf-Virchow-Preis für eine herausragende Publikation. (2) Als höchste Auszeichnung der DGP wird mit der Rudolf-Virchow-Medaille seit 1981 im Zweijahresrhythmus das Lebenswerk eines Pathologen/einer Pathologin gewürdigt, der/die sich um das Fach besonders verdient gemacht hat. (3) Die höchste Auszeichnung der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilian-Universität Würzburg ist ebenfalls eine Rudolf-Virchow-Medaille. Damit werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „für ihre herausragenden Erkenntnisse“ geehrt. (4) Der Rudolf-Virchow-Preis war außerdem eine staatliche Auszeichnung der DDR, die an Einzelpersonen und Kollektive jährlich „für hervorragende Leistungen in der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur und für bedeutsame Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der medizinischen Methodologie, der Medizintechnik und der Arzneimittelproduktion“ zumeist am 13.10. durch den Minister für Gesundheitswesen der DDR vergeben wurde.
Das Objekt des Monats ist der erste, 1960 verliehene Preis (aus der Sammlung M. David). Dieser bestand aus einer Virchow-Medaille (Abb. 1) und einer Anstecknadel (Abb. 2) in einem mit weißem Samt ausgekleideten quadratischen, roten Holzetui (Abb. 3)
Objekt des Monats November

Der Rudolf-Virchow-Jubiläumsherbst ist noch nicht vorbei, auch wenn die meisten Veranstaltungen, u.a. auch die Eröffnung zu der empfehlenswerten kleinen Ausstellung „Der Zellenstaat“ im „Museumscontainer“ am Campus Mitte, in der ersten und zweiten Oktoberwoche bis zum eigentlichen 200. Geburtstag am 13.10. stattfanden. Ein kleiner Teil des Nachlasses von Rudolf Virchow, nämlich Ehrenurkunden, Huldigungsgedichte u. ä. m. sowie die Dissertations- und die Habilitationsurkunde, befindet sich im Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin, darunter ein eindrucksvoll gestaltetes Schriftstück der „Gesellschaft der Charité-Ärzte“. Diese hatte auf ihrer Sitzung am 1. Juni 1899 beschlossen, den Geheimen Medizinalrat Professor Rudolf Virchow „in Anerkennung der unvergänglichen Verdienste, welche er sich um die ärztliche Kunst und Wissenschaft, insbesondere durch seine grundlegenden Arbeiten im Charité-Krankenhause erworben hat“, zu ihrem Ehrenmitglied zu ernennen. Der konkrete Anlass für diese Auszeichnung bleibt unklar. Zur nicht mehr existierenden „Gesellschaft der Charité-Ärzte“ gibt es noch Forschungsbedarf. Die besondere, im Stil der Zeit gestaltete Urkunde ist, was man erst bei einer Betrachtung mit der Lupe sieht, handgemalt und -koloriert. Insgesamt ein besonderer Archivfund!
(Aufbewahrungsort: Archiv der Humboldt-Universität – Signatur HU UA, Nachlass (NL) Virchow, Nr. 055)
Objekt des Monats Dezember



Auch im letzten Monat des „Virchow-Jahres 2021“ soll das „Objekt des Monats“ nochmals an diese besondere Persönlichkeit erinnern. Rudolf Virchow (1821-1902) hat sich vor allem in seinen frühen Berliner Jahren auch ausführlicher mit gynäkologisch-geburtshilflichen Themen beschäftigt. Er war mit dem Gründer der „Gesellschaft für Geburtshülfe in Berlin“ (GGB) Carl Mayer in besonderer Weise verbunden, nicht nur, weil sie die gleiche, linksliberale politische Meinung teilten, sondern auch, weil dieser Geheime Sanitätsrat sein Schwiegervater wurde.
Quasi für Virchow führt die GGB auch die Rubrik „Außerordentliche Mitglieder“ ein (Abb. 1). Und im Revolutionsjahr 1848 wurde ihm, dem 27jährigen Dr. Rudolf Virchow, Prosektor der Charité, die Ehre zuteil, das Vorwort zum Jahresband der „Verhandlungen der GGB“ zu verfassen (Abb. 2, 3).
Aus diesem lyrisch-euphorischen Text stammt das nachfolgende Zitat: „“Ein neuer Tag der Völker beginnt sich aus dem mitternächtlichen Dunkel der Zukunft loszulösen... Bald, so hoffen wird, wird der Frühlingsmorgen der Freiheit heranbrechen und die Nebel, welche jetzt noch unsre Blicke beengen, werden als erquickender Thau auf die jungen Saaten sich niedersenken. Wer aber wird dann daheim bei den Büchern sitzen, wenn Alles in die Fluren hinauszieht…?“
2022
Objekt des Monats Januar



Das Objekt des Monats Januar 2022 ist ein tragbares, aufladbares Gerät zum akustischen Nachweis des fetalen Herzschlags, wie es bis in die frühen 1990er Jahre in der gynäkologischen Rettungsstelle benutzt wurde. Über einen Lautsprecher können damit die mit Hilfe einer kleinen Ultraschall-Sonde aufgenommenen Bewegungen der fetalen Herztätigkeit als akustische Signale wiedergegeben werden. Der Kasten hat die Außenmaße 27 x 14 x 11 cm. Die obere Abdeckung ist aufklappbar. Darunter verbirgt sich ein plastikausgekleidetes Fach zum Verstauen für das Stromkabel und die Dopplersonde.
Laut Charité-Inventarverzeichnis wurde der „Fetale Herzschallmonitor D205“ mit Datum 1. Juli 1978 erstmals erfasst. Das Gerät wurde von der in West Sussex/England ansässigen Firma Sonicaid Ltd. ab 1969 hergestellt und von der Firma Kranzbühler-Medizintechnik in Deutschland vertrieben. Es kostete damals ca. 2.000 DM und wird heute bei ebay für 95 bis 115 Euro angeboten. Der Sonicaid Fetal-Puls-Detektor Modell D 205 arbeitet nach dem Doppler-Prinzip, ähnlich wie das später eingeführte, deutlich kleinere und bekanntere Dopton-Gerät.
Eine Aufzeichnungsmöglichkeit besteht nicht, es gibt auch kein Display o.ä., von dem man die Herzfrequenz ablesen könnte. Gegenüber dem Abhören mit dem Holz- oder Metallhörrohr nach Pinard hatten diese Dopplergeräte den Vorteil, dass die Schwanger bzw. die werdenden Eltern den Herzschlag ihres Ungeborenen (mit-)hören konnten.
Objekt des Monats Februar

Im Bestand der Frauenklinik CVK befindet auf einer 17cm großen Aluminiumfilmspule ein 16 m langer Kurzdokumentarfilm im 16 mm-Format, der in schwarz/weiß die Entwicklung eines Kindes aus Steißlage durch Erich Bracht (1882-1969), nach dem diese Manualhilfe benannt wurde, in Normalgeschwindigkeit und in "Zeitlupe" zeigt. Beigelegt ist ein 1 1/2-seitiger Bericht auf vergilbtem Papier, in dem das Vorgehen bei der Steißlagenentwicklung beschrieben wird. Die Filmrolle stammt von 1940 aus der "Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht".
Bracht hatte es nach der Erstbeschreibung vor der Berliner Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe im Oktober 1935 und einer Filmdemonstration seiner Methode auf dem Internationalen Kongress für Geburtshilfe und Gynäkologie im Mai 1938 in Amsterdam „versäumt“, seine Manualhilfe in Form eines wissenschaftlichen Artikel zu erklären, so dass dieser Film letztlich die Originalpublikation des Bracht´schen Handgriffs darstellt.
Objekt des Monats März

Anlässlich des 150. Geburtstages von Hermine Heusler-Edenhuizen (1872‒1955) laden wir am 16. März 2022 zu der Veranstaltung „Frauenmedizin – Frauen in der Medizin“ ein (Anmeldung via: ambulanz-frauenklinik-cvk(at)charite.de).
Die in Pewsum bei Emden geborene Heusler-Edenhuizen war die erste offiziell anerkannte niedergelassene Fachärztin für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe in Deutschland. Seit November 2002 erinnert eine „Berliner Gedenktafel“ neben dem Eingang des Wohnhauses Rankestraße 35 in Berlin-Charlottenburg, das sich schräg gegenüber von der Gedächtniskirche befindet, an sie und daran, dass Frau Dr. Edenhuizen in diesem Haus von 1911 bis 1937 ihre Praxis- und Wohnräume hatte. Zuvor war sie einige Jahre eine der ersten bezahlten Assistenzärztinnen an einer deutschen Universitäts-Frauenklinik (in Bonn, wo sie auch promoviert hatte) gewesen.
Objekt des Monats April


Vor wenigen Wochen wurde in unserer Klinikbibliothek einer der Schränke so umgebaut, dass hier nun vier medizinhistorische Objekte, versehen mit wenigen Erklärungen, präsentiert werden. Drei davon sind in den vergangenen Monaten bereits als „Objekt des Monats“ vorgestellt worden. Bei dem vierten handelt es sich um eine Leihgabe von Prof. W. Henrich; es ist ein historischer Ultraschallkopf für die Abdominal- bzw. Fetalsonographie von 1989, produziert von einem amerikanischen Medizintechnikhersteller. Diese relativ schwere und auch etwas unhandliche Ultraschallsonde hat eine Größe von etwa 12 x 10 x 5 cm. Über die allseits anerkannte, aktuelle Bedeutung von Ultraschalluntersuchungen in der Medizin, speziell in der Frauenheilkunde und der Geburtshilfe, die als unverzichtbar eingestuft werden müssen, sollen hier keine Ausführungen folgen, an die Anfänge und Pioniere dieser fetalen Untersuchungstechnik Mitte der 1960er Jahre wird allerdings wenig erinnert. Diese besondere Ultraschallsonde von 1989 soll dazu anregen, sich die Entwicklung von den „Geräteungetümen“ der 1970er Jahre, die C-Bogen-Röntgengeräte ähnelten, bis zu den heutigen Tablet-basierten tragbaren Ultraschallgeräten vor Augen zu führen.
Objekt des Monats Mai



1906, bei der Eröffnung des Rudolf-Virchow-Krankhauses, sprach man in den Zeitungsberichten wegen der gelungenen Gestaltung der parkähnlichen Anlage von der „Gartenstadt für Kranke“. Wie alte Fotos zeigen, gehörten auch zahlreiche weiße Sitzbänke entlang der damals als Haupt-, heute als Mittelallee bezeichneten zentralen Achse des Klinikums dazu.
Parkbänke laden zum Verweilen, zum Ruhe finden ein, sie erfüllen somit quasi auch einen therapeutischen Zweck. Heute sind mehr als ein Dutzend dieser aus massivem Holz gefertigten Bänke jeweils paarweise gegenüberstehend auf der Mittelallee verteilt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass sich darunter noch Exemplare der „Erstausstattung“ von 1906 befinden; in Größe, Form und Design ähneln sie diesen Vorläufermodellen aber sehr und bieten drei bis vier Personen bequem Platz.
Vor allem an sonnigen Nachmittagen sind viele Bänke besetzt. Unter den Verweilenden könnten angesichts der aktuellen Weltlage auch Patienten oder Besucher sein, denen Zeilen aus Mascha Kalékos (1907-1975) Gedicht „Auf einer Bank“ in den Sinn kommen: „In jenem Land, das ich einst Heimat nannte, / Wird es jetzt Frühling wie in jedem Jahr…“.
Objekt des Monats Juni



Ein alter Briefumschlag als Objekt des Monats?
Dieser für die interne Klinikpost gedachte Umschlag ist ein Viertel Jahrhundert und trägt ein heute nahezu vergessenes Logo.
Ein Logo ist ein grafisches Zeichen, das ein Krankenhaus oder eine Klinikgruppe repräsentiert und wesentlicher Bestandteil des visuelles Erscheinungsbildes ist. Ein Logo sollte verständlich, einfach, unverwechselbar, einprägsam sowie reproduzierbar sein und eine gewisse Symbolkraft haben.
Anhand von Operationsberichten aus den letzten 25 Jahren lassen sich die Wechsel bei den Logos bzw. Briefköpfen des Virchow-Klinikums relativ gut rekonstruieren: Im Mai 1995 wurde ein schlichter Briefkopf mit dem Kürzel „FU“ für Freie Universität Berlin, zu der das Virchow-Klinikum zunächst gehörte, durch das Logo einer stilisierten grünen Baumallee (nämlich der Mittelallee in perspektivischer Sicht), die ein V für Virchow-Klinikum bildet, abgelöst. Dieses Logo befindet sich in der schwarz/weiß-Version auf dem Briefumschlag für die sog. Hauspost („Durch Fach“) (Abb. 1). Ab Januar 1997 wurde dieses Logo zumeist durch eine C in der gleichen Größe ergänzt (Abb. 2), was wohl die Fusion von Charité und Virchow-Klinikum dokumentieren sollte. Schließlich wurde ab Februar der Schriftzug „Charité“ verwendet, der der namensgebenden Randbemerkung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. auf einer Cabinets-Ordre vom 9. Januar 1727 entlehnt ist: „Es soll das Haus die Charité heißen“ (Abb. 3). Ab Anfang 2004 wurde dieser durch das aktuelle „C-basierte“-Logo ersetzt.
Objekt des Monats Juli

Brunnen mit 4 Widderköpfen von Georg Wrba
Der Berliner Stadtbaurat Ludwig Hoffmann suchte 1905 für seine Berliner Bauten in ganz Deutschland sog. Architekturbildhauer für das, was man heute „Kunst am Bau“ nennt. Im Frühjahr 1906 folge der 33jährige Georg Wrba (1872-1939) dem Ruf nach Berlin. Er schuf für zahlreiche Bauten Hoffmanns in Berlin sog. Bauplastiken. Im Rudolf-Virchow-Krankenhaus gestaltete er u.a. das Innere der im zweiten Weltkrieg zerstörten Kapelle, die kleinen Reliefs über den Eingangstüren der Krankenpavillons, von denen heute nur noch fünf zumindest zum Teil erhalten sind, und vor allem die drei sehr schönen Brunnen im historistischen Stil: Einen am Beginn der Mittelallee, zwei nahezu spiegelbildlich gestaltet im Innenhof des jetzigen Dt. Herzzentrums. Diese sind wahrscheinlich aus Muschelkalkstein und tragen quasi „als Krone“ einen nun schon patinierten kräftigen Kupferring mit vier Widderköpfen.
Objekt des Monats August


Vor einiger Zeit wurde an dieser Stelle schon auf ein Naturdenkmal auf dem Gelände des CVK hingewiesen, nämlich auf die ca. 130 Jahre alte Platane. Etwa 500 m entfernt von dieser, im Hofbereich der ehemaligen Zahnklinik, befindet sich noch zweiter imposanter Baum, der ebenfalls als Naturdenkmal ausgewiesen ist – eine inzwischen über 110 Jahre alte Kastanie, die also, wie die Platane auch, schon dort gestanden hat, als das Rudolf-Virchow-Krankenhaus 1906 eröffnet wurde. Wie auf dem dazugehörigen Schild des Naturschutzamtes zu lesen ist, können solche Rosskastanienbäume „unter günstigen Bedingungen“ bis zu 300 Jahre alt werden. Aktuell hat der Baum unmittelbar über dem Erdboden einen Stammumfang von 4,40 m, das entspricht einem Durchmesser von 1,40 m.
Es ist zu hoffen, dass sowohl Kastanie als auch Platane die derzeit in ihrer Nähe anlaufenden, umfangreichen Bauarbeiten unbeschadet überstehen.
Objekt des Monats September



Objekt des Monats ist diesmal ein Haus, das es seit einigen Tagen nicht mehr gibt, denn das historische Gebäude wurde zwischen Juni und August 2022 abgerissen.
Charité-intern wurde das Haus als „Fehrenbach-Villa“ bezeichnet. Es stand auf dem Campus Virchow-Klinikum, nur einen Steinwurf entfernt vom Eingang Nordufer, und trug die Geländeadresse Südring 10.
In der RVK-Chronik von 1966 heißt es dazu, dass dieses sog. Kleine Obduktionshaus die letzte Verbindung zwischen RVK [Rudolf-Virchow-Krankenhaus] und RKI [Robert-Koch-Institut] gewesen sei, in dem früher die Infektionsleichen obduziert worden waren. Es wurde später nur noch als bakteriologisches Labor benutzt. Die enge Verbindung zwischen RKI und RVK, die eine Idee von Robert Koch gewesen war, wurde nach dem Ende des II. Weltkrieges immer lockerer.
Der interne Name „Fehrenbach-Villa“ geht vermutlich auf den RKI-MikrobiologenFranz-J. Fehrenbach zurück, der in den 1980er Jahren gemeinsam mit RVK-Kollegen geforscht und publiziert hatte. Die drei Fotos zeigen die Abrissarbeiten im August 2022 (Fotos: M. David).
Das frei gewordenen Gelände gehört zum Baufeld, auf dem das Deutsches Herzzentrum der Charité (DHZC) errichtet wird.
Objekt des Monats Oktober


Im Zuge der mehrmonatigen, nun fast abgeschlossenen Umbau- und Renovierungsarbeiten in unsere (Chemotherapie-)Ambulanz wurde auch gründlich aufgeräumt und aussortiert. Dabei wurde manches bisher Übersehene und Unbeachtete entdeckt, z.B. ein sapelbarer, besonderer Plastik-Stahlrohr-Stuhl, der ganz in der Tradition des Bauhauses gestaltet ist und dem Space Age-Stil zugeordnet wird. Auf der Rückseite der Sitzfläche finden sich einige Information: Modell Drabert, SM 400 K, Made in West-Germany. Der Stuhl wurde von dem Designer und Innenarchitekten Gerd Lange entworfen und zwischen 1970 und 1979 bei der Fa. Drabert in Minden produziert. Dieses Modell erhielt mehrere Preise und steht heute auch im Guggenheim-Museum in New York – und auch bis auf Weiteres in unserer gynäkologischen Ambulanz am CVK.
Objekt des Monats November

Das Objekt des Monats befindet sich in der Eingangshalle des Forschungshauses am Campus Virchow-Klinikum und ist ein Relikt aus den analogen Zeiten des öffentlichen Telefons mit Wählscheibe bzw. Tasten – eine runde Telefonzelle aus Plexiglas, eine sog. Telebox, die den Telefonierenden von der Umwelt abschirmen sollte und umgekehrt. Dieses heute rare, von der Firma Rolf D. Jachmann-Kunststofftechnik (Burgdorf/ Niedersachsen) hergestellte Objekt hat 1972 den seit 1954 vergebenen Industrie Forum Design-Preis für Produktgestaltung erhalten. Es ist ca. 150 x 80 cm groß – und lädt zum ungestörten Telefonieren ein.
Objekt des Monats Dezember




Zum Beginn der Adventszeit soll es um die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes gehen. - In der Wolliner Straße 30 bis 32, nur einen Steinwurf vom Mauerpark entfernt, sind heute vier Evangelisten des Bildhauers Georg Wrba zu finden, warum auch immer sie hier zur Dekoration einer modernen Weddinger Wohnanlage wohl in den 1980er Jahren aufgestellt wurden. (Ein erklärendes Schild findet sich nicht.)
Im vierten Jahrhundert wurden den vier Evangelisten Symbole zugewiesen, mit denen sie seitdem häufig in der Kunst dargestellt und über die sie indirekt identifiziert werden können: Matthäus´ Symbol ist der Mensch, Markus erhielt den Löwen als Attribut, Lukas den Stier und Johannes den Adler.
Aber was haben diese vier mit dem CVK zu tun?
Nun, ursprünglich standen die vier neobarocken, allegorischen Bronzeskulpturen in der vier Geschosse hohen Kapelle des Rudolf-Virchow-Krankenhauses, die für die Angehörigen der im RVK verstorbenen Patienten von der Sylter Straße aus zu erreichen war. Durch einem Bombentreffer im 2. Weltkrieg schwer zerstört, wurde die Ruine später abgetragen. Heute ist dort, unter Einbeziehung von Gebäuderesten, die Medizinischen Bibliothek/ CVK untergebracht.
Wie aber die „Wrba-Virchow-Evangelisten“ nach Gesundbrunnen kamen, ist unklar.
2023
Objekt des Monats Januar


Vor 100 Jahren
Im Januar 1923 hielten die Straßenbahnen der Linien 4 und 15 am Augustenburger Platz vor dem Eingang zum Rudolf-Virchow-Krankenhaus (Abb. 1). Das Jahr 1923 war allerdings ein besonderes Krisenjahr in der deutschen Geschichte. Nachdem französische Truppen im Januar 1923 einen wichtigen deutschen Industriestandort, das Ruhrgebiet, besetzt hatten, führte dessen Abtrennung vom übrigen Deutschen Reich zu einer dramatischen Wirtschaftskrise. Aus der Inflation wurde im Verlauf des Jahres die Hyperinflation – im Oktober 1923 lag der Dollarkurs bei 4,2 Billiarden Mark. Bereits im September waren vielen Berliner Straßenbahnlinien in stillgelegt worden. Einen Fahrschein konnte sich ohnehin kaum noch jemand leisten - eine Straßenbahnfahrt in Berlin kostete im November 1923 150 Milliarden Reichsmark (Abb. 2).
Objekt des Monats Februar



Aktuell stehen auf dem Geländes Campus Virchow-Klinikum noch 5 der ursprünglich 21 eingeschossigen (Kranken-)Pavillons, die links und rechts einer Kastanienallee, die heute Mittelallee heißt, angeordnet waren. Nur zwei davon sind vollständig erhalten. Die Außenfassaden der Pavillons sind eher schlicht, aber die seitlichen und auch die Eingangsbereiche an den Stirnseiten weisen künstlerische Verzierungen – Kunst am Bau – auf, die mit großer Wahrscheinlichkeit von den Bildhauern Georg Wrba, Ernst Westphal und Ignatius Taschner stammen. Diese Schmuckreliefs haben offenbar keinen oder zumindest keine sofort erkennbaren Klinikbezug, sie verschönern einfach „nur“ die als Rundbogen gestalteten Pavilloneingänge an den Front- und Stirnseiten. Folgende Motive kann der heutige Besucher z.B. an den drei Pavillons am Ende der Mittelallee links und rechts finden: Zwei Weise und ein Äskulapstab, Putto mit Fisch, Blumenstaude (Abb. 1-3).
Objekt des Monats März

Am 18. und 19. März 2023 wird mit einem "Berliner Wochenende für die Demokratie" das Jubiläum der Märzrevolution von 1848 begangen und über Meinungsvielfalt und -freiheit diskutiert. Damit soll an die opferreichen Barrikadenkämpfe zwischen Berliner Bürgern aller Schichten und der preußischen Armee am 18. und 19. März 1848 erinnert werden, an denen auch Rudolf Virchow beteiligt war. In einem Brief an seinen Vater berichtete der 27-jährige Virchow am 19. März, dass er beim Bau einer Barrikade an der Tauben-/Ecke Friedrichtstraße mitgeholfen habe.
Nur einige hundert Meter entfernt von der Charité, in Verlängerung der Luisenstraße, befindet sich die Marschallbrücke, im März 1848 ebenfalls ein Barrikadenstandort. An einem der Brückenpfeiler wurde 1998 eine gusseiserne Gedenktafel angebracht, die im mittleren Drittel folgende Aufschrift trägt: „Hier versperrte am 18. März/ eine Barrikade den angreifenden Truppen das Eindringen/ in die Luisenstraße über die damalige Ziehbrücke./ Unter den Barrikadenkämpfern befand sich der Arzt Rudolf Virchow,/später Ehrenbürger der Stadt Berlin.“
Objekt des Monats April

Krankenschwestern hatten bis in die 1970er Jahre hinein eine eigene Tracht, und als Zeichen ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Krankenhaus oder einer Schwesternschaft trugen sie häufig eine farbig gestaltete ovale oder runde Brosche. Beim „Doppelobjekt“ des Monats handelt es sich um eine runde, einfarbige Originalbrosche, vermutlich aus Bronze, und eine weitere dem Original nachempfundene farbige Brosche, beide mit einem Durchmesser von 3 cm.
Nach Auskunft von Schwester Barbara Moustafa erhielten die Schwesternschülerinnen des RVK in den 1960er Jahren die Bronzebrosche nach der Hälfte ihrer Ausbildungszeit.
Beide Broschen tragen in Großbuchstaben die Umschrift „Städt. Rudolf Virchow-Krankenhaus“ und in der Mitte befindet sich das 1950 geschaffene Wappen des Stadtbezirks Wedding, bestehend aus einem nach rechts oben gerichteten, geflügelten Pfeil in Anlehnung an das Wappen der ausgestorbenen, altmärkischen Familie von Weddinghe, auf rotem Grund (für den Arbeitsbezirk Wedding) und einer dem Wappen aufgesetzten Mauerkrone mit drei Türmen, deren mittlerer das Berliner Wappenschild trägt.
Objekt des Monats Mai

Vor hundert Jahren – eine Besonderheit
Von 1.8.1923 bis zum 1.7.1938 befand sich im Rudolf-Virchow-Krankenhaus ein eigenes Standesamt! Im „Ersten Verwaltungsbericht der neuen Stadtgemeinde Berlin“ heißt es dazu: „Da sich die Zahl der standesamtlichen Akte, insbesondere die der zu beurkundenden Geburten, nicht unwesentlich verringert hat, wurde wenigstens eine räumliche und personelle Vereinigung der Standesämter unter Beibehaltung der bisherigen 20 Standesamtsbezirke erreicht, die noch um den Standesamtsbezirk Rudolf-Virchow-Krankenhaus vermehrt wurde...“ Bis auf wenige Ausnahmen wurden am 1.7.1938 dann die kleinen Standesämter Berlins zu 20 Bezirksstandesämtern vereinigt.
Objekt des Monats ist ein anonymisierter Auszug aus dem Geburtenregister des Standesamtes RVK vom 15. August 1923.
Mit besonderem Dank an Frau N. Fehse/ Standesamt Mitte von Berlin
Quellen: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/amt-fuer-buergerdienste/standesamt/historie-des-standesamtes-mitte-von-berlin-159844.php (aufgerufen am 25.4.2023)/ https://digital.zlb.de/viewer/image/34421187_1920_1924/1/LOG_0003/ (aufgerufen am 25.4.2023)
Objekt des Monats Juni


Seit dem 1. Oktober 1874 gibt es in Preußen Standesämter. Mit Inkrafttreten eines entsprechenden Reichsgesetzes wurden diese zum 1. Januar 1876 einheitlich mit der Führung von Personenstands-, d.h. Geburten-, Heirats- und Sterberegistern beauftragt. Seitdem können Eheschließungen bürgerlich-rechtlich nur noch vor Standesbeamten eingegangen werden.
Wie bereits bei der Beschreibung des Objekts des Monats Mai berichtet, verfügte das damalige Rudolf-Virchow-Krankenhaus als Besonderheit in Berlin vom 1. August 1923 bis zum 1 Juli 1938 über ein eigenes Standesamt, das auch für die Bestellung des Aufgebots und Eheschließungen zuständig war. Das sog. Aufgebot war bis 1998 die öffentliche Anmeldung und Bekanntmachung einer beabsichtigten Eheschließung mit dem Ziel, eventuelle Ehehindernisse festzustellen.
Im Berliner Landesarchiv befindet sich u.a. ein Ordner mit den standesamtlichen Unterlagen für die Jahre 1923 bis 1927, dem die beiden Dokumentenausschnitte entstammen. Eine der beiden Bekanntmachung eines Aufgebots trägt das Siegel des Standesamtes RVK.
Durchschnittlich wurden zwischen 1923 und 1927 11 Ehen, zum Teil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krankenhauses, pro Jahr im Standesamt des RVK geschlossen (und 2 Scheidungen pro Jahr dokumentiert).
Objekt des Monats Juli

Zum Jahresende 1995 wurden u.a. auch die Räume der gynäkologischen Poliklinik am damaligen Universitätsklinikum Rudolf Virchow (UKRV) in Betrieb genommen. Seitdem hängt im Sprechzimmer 1 ein sog. Röntgenschaukasten (Syn. Leuchtkasten, Analog-, Röntgenbild- oder Röntgenfilmbetrachter), ein zur Wandmontage konzipiertes Beleuchtungssystem in Form eines Metallkastens mit einer stufenlosen Helligkeitsregulierung und schwarzen Schiebejalousien, das zur Betrachtung von auf Filmen aufgenommenen Röntgenbildern dient(e). Die Vergangenheitsform ist hier angebracht, denn diese „Schaukästen“ haben in Zeiten der Digitalisierung von Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen nun schon seit etlichen Jahren ausgedient und wurden größtenteils abmontiert. Sie werden heute im Internet als besondere Leuchtquelle angeboten oder dienen nach ihrer Ausmusterung als Kunstobjekt (siehe: Schweizerische Ärztezeitung 2015;96:251–253).
„Unser“ Leuchtkasten Planilux LJ-S der Firma Schulte wurde 1995 gebaut und im Januar 1996 inventarisiert; er ist 105 x 44 cm groß.
Objekt des Monats August

In Berlin existieren noch 40 Wassertürme, davon 6 auf dem Gelände von Krankenhäusern. Auch der Campus Virchow-Klinikum weist ein solches denkmalgeschützes Gebäude auf, das im September näher als „Objekt des Monats“ vorgestellt werden wird. In diesem Monat geht es aber zunächst um ein an der Hausfassade des Eingangsgebäudes zum Wasserturm angebrachte „umkränzte“ Büste eines etwas grimmig schauenden Mannes, der auf uns herabzublicken scheint.
Wahrscheinlich stammt er von dem Bildhauer Georg Wrba.
Diese Art von Fassadenschmuck wird auch als „Gaffkopf“ bezeichnet. Dieser ist möglicherweis eine Reminiszenz des Künstlers an die Renaissancezeit, denn zu dieser Zeit war die Verwendung von "Gaffköpfen" in der Fassadengestaltung besonders populär.
Vermutlich hatten dies auch als „Neidkopf“ bezeichneten, manchmal fratzenartigen Reliefs die Funktion, böse Geister von dem in dem Gebäude Wohnenden abzuwehren. Denkbar ist, dass diese später sich verselbstständigende „Kunst am Bau“ auf die Kelten zurückgeht, die Schädel von Feinden an den äußeren Begrenzungen der Bauten anbrachte, um diese abzuschrecken. Ohne Kenntnis der Zusammenhänge wurde dieser „Brauch“ von christianisierten Baumeistern mit Steinköpfen weitergeführt.
Objekt des Monats September


Objekt des Monats ist der denkmalgeschützte Wasserturm, der 48,2 m hoch ist. Der weiß gestrichene „Turmhals“ hat einen äußeren Durchmesser von 10,4 m. Im Zentralblatt der Bauverwaltung vom 11. Dezember 1907 heißt es weiter: „Über dem in 27 m Höhe angebrachten Tropfboden erhebt sich der 250 cbm Wasser fassende Behälter mit mittlerem Durchsteigeschacht in einem äußerlich nur wenig betonten Kopfbau. Das unterste Turmgeschoß ist 7 m hoch und mit einer Hängekuppel überdeckt.; es dient als Eingangsbereich für die drei Anbauten am Turm.“ So waren hier die Wohnungen für einen Oberheizer, seinen Maschinisten und einen Elektromonteur untergebracht. Heute befinden sich dort Büros und ganz oben im ehemaligen Wasserturm wohnt ein Turmfalke.
Objekt des Monats Oktober


Ein Buch über Georg Wrba (1872-1939) trägt den Titel „Im Schatten der Moderne“, was seine Einordnung in die Kunstgeschichte sehr gut beschreibt. Der geborene Münchner war von Ludwig Hoffmann nach Berlin geholt worden, um gemeinsam mit anderen Münchner Bildhauern die „Kunst am Bau“ aber auch Brunnen für das gerade im Entstehen begriffen Rudolf-Virchow-Krankenhaus zu erschaffen. Es gibt von Wrba in Deutschland ca. 3.000 bis 3.300 Skulpturen im Rahmen von etwa 320 Projekten in fast 50 Orten. Für Berlin sei beispielhaft auf die Figuren am Kaufhaus des Westens (KaDeWe), den Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain und eben auf das Objekt des Monats, den Brunnen am Beginn der Mittelallee mit der Figurengruppe „Knabe und Seehund“, hingewiesen. Diese Brunnenplastik aus patinierter Bronze zeigt eine Putto-artige Figur, die einen Fisch in der hochgestreckten linken Hand hält, aus dessen Mund fontänenartig Wasser hervorschießt. Der nackte Knabe reitet auf einer Robbe, unter deren Vorderflossen links und rechts zwei Jungtiere hervorgucken, dazwischen liegt ein weiterer Fisch. Die Skulpturengruppe ist wahrscheinlich 1905 entstanden. Ursprünglich stand der Brunnen in der Mitte der Kastanienallee in Höhe der heutigen Glashalle bzw. des dahinter befindlichen Wasserturms, und wurde im Zuge der Untertunnelung des Geländes versetzt.
Objekt des Monats November


In seinem sechsten Prachtbildband der Serie „Neubauten der Stadt Berlin“, der 1907 erschienen ist, befasste sich Ludwig Hoffmann (1852-1932), der langjähriger Stadtbaurat Berlins und verantwortlicher Architekt dieses Gebäudekomplexes ausführlich mit dem Rudolf Virchow-Krankenhaus. Am Ende des Textteils heißt es: „Die bildhauerischen Arbeiten führten Prof. Ignatius Taschner, Ernst Westphal und Prof. Georg Wrba aus, die Kunstmalerarbeiten die Maler Franz Nager und Bodenstein, die Kunstschmiedearbeiten im wesentlichen R. Ruhland und die Bronzegußarbeiten Martin und Piltzing.“
Über den Kunstschmied R. Ruland wissen wir nichts, nicht einmal der Vornamen. An den wenigen noch vorhandenen Originalpavillons und im Innenhof des jetzigen Herzzentrums DHCZ finden sich aber noch einzelne Schmiedearbeiten von Ruhland, der vor allem Märchen-, aber auch Motive aus Max und Moritz von Wilhelm Busch (1832-1908) aufgriffen hat (Abb. 1 und 2).
Die Blütezeit des Kunstschmiedehandwerks in Berlin umfasste ungefähr die Zeit von 1870 bis 1920. Zu den bedeutenden damaligen Kunstschmieden gehörte u.a. die Werkstatt Ferdinand Paul Krüger, mit der offenbar auch R. Ruhland verbunden war. Zu seiner Person fand sich lediglich dieser Eintrag im Berliner Adreßbuch von 1913: „Ferd. Paul Krüger, Inh. R. Ruhland u. S. Plonsk, Königl. Hof-Kunstschlossermeister, Kunstschmiede und Konstruktionswerk, Neukölln, Glasowstr. 42-44, T. 1430. Eisen u.- Bronzekunstschmiede.“
Objekt des Monats Dezember


Das vorerst letzte „Objekt des Monats“ auf dem CVK-Gelände ist besonders groß und weithin sichtbar: Es handelt sich um die Turmuhr auf dem zweiten Hauptgebäude des ehem. DHZB und jetzigen DHZC, die 2020 nach Vorgaben der Denkmalpflege restauriert wurde (Rostentfernung, neuer Farbanstrich, Vergoldung der (römischen) Ziffern).
Beide Zifferblätter haben einen Durchmesser von ca. 180 cm. Sie werden durch LED-Leuchten durch die durchscheinenden Plexiglasscheiben vom Turminneren aus beleuchtet. Die Zeiger sind unbeleuchtet. Das erste Turmuhrwerk ist in modifizierte Form seit der Eröffnung des Rudolf-Virchow-Krankenhauses 1906 im Einsatz. Dieses mechanische Uhrwerk wurde wahrscheinlich von der Firma C.F. Rochlitz/ Berlin, die auch heute wieder gemeinsam mit CFM-Mitarbeitern für die jährliche Wartung der Uhr zuständig ist, zwischen 1890 und 1905 angefertigt. Wie von der Firma Rochlitz zu erfahren war, wurde das Uhrwerk ursprünglich über Seilzüge mit einem Handaufzug betrieben; es gab ein Pendel für die Zeitbestimmung. Vermutlich erfolgte die Umrüstung auf einen Elektroantrieb und die "Zeittaktung" durch den Impulsgeber der zentralen Mutteruhr in den 1970er oder 1980er Jahren. (Die Abbildungen zeigen (1.) die Westseite der Turmuhr und (2.) das mechanische Laufwerk, das die beiden Zifferblätter antreibt.)
Virchow-Symposium der Frauenkliniken vom 6. Oktober 2021




SCHULD. TRADITION. VERANTWORTUNG.
Erhältlich im be.bra Verlag

Die universitäre Frauenheilkunde in Berlin während des Nationalsozialismus.
Auch Medizin ist Teil der Zeitgeschichte. Das Fach Frauenheilkunde ist in besonderer Weise dafür prädestiniert, die Rolle von Ärzten bei der Umsetzung des Gesetzes zur Zwangssterilisation "Erbkranker" zu erforschen. Die Beiträge in diesem Band widmen sich aus verschiedenen Perspektiven den Komplexen Schuld, Tradition und Verantwortung am Beispiel der Charité, ihrer beiden Frauenkliniken und von Medizinern aus ihrem Umfeld in den Jahren 1933 bis 1945. Dabei geht es um die Aufarbeitung historischer Ereignisse und Zusammenhänge, aber auch um die Möglichkeiten und Grenzen widerständigen Handelns in der Diktatur und um die Bedeutung des Erinnerns für die gegenwärtige klinische Medizin.
Mit Beiträgen von Matthias David, Fritz Dross, Andreas D. Ebert, Wolfgang Frobenius, Hanfried Helmchen, Tobias Korenke, Hans-Joachim Lang, Susanne Michl, Volker Roelcke, Sabine Schleiermacher, Mathias Schmidt, Jalid Sehouli, Jacqueline Turek, Hendrik Uhlendahl und Jens Westemeier.
Zum be.bra Verlag: hier klicken.
„Schuld, Tradition und Verantwortung“: Symposium zur Rolle der Frauenheilkunde im Nationalsozialismus
Wie haben sich Berliner Ärzte für Frauenheilkunde im Nationalsozialismus verhalten? Welche Rolle spielten die Charité als Institution und die Fachgesellschaften? In einem Online-Symposium der Charité-Klinik für Gynäkologie gehen Expertinnen und Experten der Medizingeschichte, Fachärzte für Gynäkologie und für Psychiatrie den Fragen zu Schuld, Tradition und Verantwortung nach.
Im Namen der Wissenschaft wurden zwischen 1933 und 1945 Grenzen der Ethik und Menschlichkeit überschritten. Wie haben Angehörige der Charité und der Universitätsfrauenklinik die nationalsozialistische Gesundheitspolitik unterstützt und beeinflusst? Und welche Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft entsteht aus dieser Vergangenheit? Am Beispiel der Gynäkologen Percival Treite, Walter Stoeckel und Georg August Wagner werden Fragen von persönlicher sowie institutioneller Täterschaft und Verantwortung beleuchtet. Gedanken zu ethischem Handeln und gesellschaftlicher Verantwortung von Medizinerinnen und Medizinern schließen das Symposium ab. Das Grußwort spricht Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité, Prof. Dr. Jalid Sehouli, Direktor der Klinik für Gynäkologie Virchow-Klinikum, führt durch das Symposium.
Das Symposium mit begleitendem Tagungsband versteht sich als Beitrag zum Projekt „GeDenkOrt.Charité – Wissenschaft in Verantwortung“. Mit diesem Projekt setzt sich die Charité öffentlich mit ihrer Geschichte auseinander und will so auch den Dialog über die Verantwortung der Medizin und der Wissenschaft in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft anregen.
Die digitale Veranstaltung fand am Montag, den 10. Mai, von 16:30 bis 21:00 statt. Von der Veranstaltung wird ein Video-Mitschnitt online auf der Webseite zur Verfügung gestellt. Sie können die Beiträge ansehen, indem Sie auf die einzelnen Bilder klicken.
Zum GeDenkOrt.Charité: https://gedenkort.charite.de/
Online-Symposium der Charité-Frauenklinik - Videos









